Erfahrungsbericht eines DBIS-Schülers

Unser Sohn wurde als Nachzügler in unsere Familie mit 3 Kindern geboren. Seine frühe Kindheit war absolut unkompliziert,  er war ausgeglichen und fröhlich, schlief gut und hat gut gegessen.

Mit drei Jahren kam er in unseren Kindergarten. Als er vier war, machte uns die Erzieherin darauf aufmerksam, dass er leicht verzögert lernen würde. Daraufhin machten wir einen Einschulungstest im sozialpädagogischen Zentrum der Uniklinik Tübingen. Dort wurde er getestet auf ein unteres normales Begabungsniveau, aber da er ja ein fröhlicher aufgeweckter Junge sei, könne man ihn durch aus schon in gewöhnlichem Alter einschulen. Wir entschieden uns, ihn in einer freien evangelischen Schule anzumelden, da dort die Klassen sehr viel kleiner waren als an einer staatlichen Schule.

Relativ schnell stellte sich allerdings heraus, dass unser Sohn mit dem Tempo  überfordert war, aber die Pädagogen konnten uns keine adäquate Hilfestellung oder Unterstützung geben. Seine Lehrerin war sehr lieb, aber auch sehr jung und war manchmal dieser Situation vielleicht nicht immer gewachsen.

In der Folge konnte sich unser Sohn sehr schlecht konzentrieren;  er wollte (oder konnte) seine Hausaufgaben nicht machen; es war ein Drama. Stundenlang saßen wir daran und haben ihn damit gequält, denn Hausaufgaben sind ja „sehr wichtig wenn man am Stoff dran bleiben will“. Das war bis dahin natürlich unsere Meinung. Auch in  der Schule konnte er sich immer schlechter konzentrieren und störte den Unterricht, zerbrach Stifte, Radiergummis und zerriss Kleider. Anzeichen von absolutem unglücklich sein. Leider konnten wir das damals noch nicht richtig einordnen. Er musste isoliert von allen anderen am Ende der Klasse sitzen. Nach mehrmaliger Rücksprache mit der Lehrerin meinte diese, er bräuchte wahrscheinlich Förderung und sie ist gerne bereit, diese zu beantragen. Danach wurde unser Sohn noch zweimal in Tübingen getestet, man vermutete ADHS, beide Male war der Test aber negativ.

Als Förderbedarf festgestellt wurde, war die Schulleitung  der Meinung, dass es besser wäre, wenn er an ein SBBZ  (Sonderpädagogische Schule) wechseln würde. Ich wollte offen sein und schaute mir die nächstliegende Einrichtung an. Es war uns und der Schulleitung  aber schnell klar,  dass unser Sohn, der sonst ein vollkommen normales Kind ist, nicht in die dort bestehende Klasse passt. Somit wechselte er in eine Schule am Nachbarort  in eine teilinklusive Klasse.

Dort traf er auf eine Lehrerin, die ihn weder förderte noch ihn annahm wie er war, hatte er sich doch schon einige schwierige Eigenschaften angewöhnt. Dadurch wurde sein Leidensprozess noch viel intensiver. Er veränderte sich charakterlich immer mehr, von Fröhlichkeit zu depressiv; er wollte überhaupt nicht mehr in die Schule gehen. Ab und zu musste man direkten Zwang ausüben, dass er sich auf den Schulweg machte. Und nach der Schule kam ein unglückliches Kind zurück nach Hause. Wir waren als Familie völlig hilflos und traurig.

Wir suchten nach einer neuen Lösung. Nach Rücksprache mit dem zuständigen Schulrat am Staatlichen Schulamt, wechselte unser Sohn auf eine Gemeinschaftsschule, die sehr stark mit einem SBBZ zusammen arbeitet und die ein anderes Konzept von Inklusion hat. Er kam dort in die dritte Klasse und traf auf außergewöhnlich gute Pädagogen. Außerdem waren die Klassenstufen 1–3 in einer Lerngruppe zusammengefasst, was ihm sehr gut tat, so musste er sich nicht ständig vergleichen. Aber die 4. Klasse war auch an dieser Schule nicht altersübergreifend und zudem eine sehr große Klasse mit 29 Schülern.

Um eine lange Geschichte kurz zu machen: Die 4.Klasse war ein komplettes Desaster. Weil er einfach nicht so schnell lernte, war er der Außenseiter der Klasse und wurde zum Teil auch gemobbt. Zudem kam er mit der Lautstärke und auch mit den zum Teil schwierigen Jungs  in der Klasse nicht klar.  Auf Hinweis seiner Sonderpädagogin ging ich mit ihm zu einem HNO-Arzt; dieser diagnostizierte  eine sensorische Hypersensibilität. Er kann Geräusche nicht filtern wie normale Kinder.

Wieder veränderte sich unser Sohn immer mehr und wurde im Unterricht auffällig. Bei mehreren Gesprächen mit der Schulleitung  und anderen Lehrkräften wurde uns gesagt, dass er wohl auch an diese Schule nicht passen würde und man keine Lehrkräfte wie in der Lerngruppe 1–3 mehr habe. Unserem Sohn ging es immer schlechter; er hat angefangen übermäßig zu essen, seine Haltung wurde sehr schlecht und morgens knirschte er stark mit den Zähnen.

Er war komplett unglücklich in dieser Klasse, sein ganzes Wesen war verändert  und gelernt hat er überhaupt nichts mehr. All dies war für uns alle eine enorme Belastung, sowohl in der Familie als auch in der Beziehung zu unserem Kind. Die Hilfe, die er bei uns gesucht hatte, mussten wir ihm dauernd verwehren, weil wir ja auch keine andere Lösung wussten. Er bettelte regelrecht darum, ob er nicht einfach zu Hause lernen könnte…

Immerhin stand mir seine Sonderpädagogin komplett zu Seite und unterstützte mich in allen weiteren Schritten. Sie hat das Leiden unseres Sohnes sehr wohl wahrgenommen und ebenso unsere Bemühungen, ihm zu helfen.

Kurz darauf bin ich über befreundete Familien mit der Dietrich Bonhoeffer Internationale Schule in Laichingen in Kontakt getreten und habe darum gebeten, hospitieren zu dürfen. Nach zweimaligem  Hospitieren wurde ich aufgenommen.

Unser Sohn fühlt sich jetzt rund um wohl an der Dietrich Bonhoeffer Schule. Das ganze Konzept ist auf ihn abgestimmt; er hat wieder Sicherheit gewonnen.  Er ist in der Gruppe vollkommen eingefügt, freut sich auf den Schultag und beginnt, wieder selbständig zu lernen, mit anderen Schülern zusammen Projekte zu erarbeiten. Freundschaften sind entstanden, die auch außerhalb des Schultages gepflegt werden.  

Es ist für uns wundervoll zu sehen, wie ganz langsam Wunden zu heilen beginnen und unser Sohn sich wieder zu einem gesunden Jungen entwickeln darf.

Er hat die verlorene Freude wieder gefunden und wieder Spaß an seinen Hobbys Radfahren, Motocross fahren,  Karate und Schwimmen. Langsam findet er auch wieder etwas Selbstvertrauen. Auch als Familie geht es uns wieder so viel besser, wir blicken wieder mit Zuversicht in die Zukunft. Dennoch wird Zeit vergehen, um Dinge aufzuarbeiten, die erst langsam ans Licht kommen.

Die Dietrich Bonhoeffer Internationale Schule ist für uns, so will ich es ausdrücken, ein großer Segen!
Es ist eine wundervolle Zusammenkunft verschiedener Kulturen und Menschen mit verschiedenen Lebenseinstellungen, die fröhlich, tolerant und engagiert miteinander umgehen und genau diese Eigenschaften an ihre Kinder weitergeben. Es wird Toleranz und Beziehung zueinander und zu den Kindern gepflegt und groß geschrieben.

Es ist großartig für uns, das so zu erleben und wir sind sehr dankbar, Teil dieser Schule sein zu dürfen.